Familie Verspohl

Roxel – Nottuln
von
Dr. Wilhelm Verspohl

Einleitung
I. Teil
Die Bedeutung des Namens
Verspohl als Familienname
Verspohl als Hofname

II. Teil
Große Verspohls im 16. und 17. Jahrhundert
Die Herkunft des Werner Cohuis und der Elisabeth Große Brintrup
Ein ungebärdiger Mann
Die Kinder des Werner Cohuis
Die weitere Entwicklung der Familie auf dem Hof in Roxel
     Nachdem Oynck und der Sohn Johan Hermann mit 6 Jahren gestorben waren
Schulte Berning gt. Große Verspoell starb bereits 1743
Aus der Ehe Johann Theodor gr. V.-Wissing gingen 9 Kinder hervor
Die Frage drängt sich auf, warum der einzige Sohn nicht den elterlichen Hof übernommen hat
Ursprünglicher Besitzer des Hofes war Johan Henrich Althaus
Welche Lösung der Vormund gefunden hat, ergibt sich nicht aus den Roxe-ler Unterlagen.
Von den Brüdern der Alwine war Franz Bernard auf dem Hof in Buldern geblieben
Karl Große Verspohl übernahm den Hof in Roxel und verheiratete sich mit Antonia Brintrup-Feldhaus.

 III. Teil
Johan Bernard Verspohl
Das Schladenhaus in Nottuln
Der erste Ehemann der Anna Maria zum Bült
Anna Maria zum Bült
Die Kinder von Hermann zum Büldt / zum Bülte
Der Familienzweig der Buhren
Im Haus an der Landstraße
Catharina Gertrudis Bölling
J B V und C G B
Dirk Wilhelm Froning
Franz Anton und Maria Anna Meyknecht
Elisabeth Holtermann
Franz Anton in seiner Zeit
Die Kinder des Franz Anton
1. Verspohl-Schmeings in Glanerbrücke
2. Große Hamicolts in Nottuln-Hövel
3. Verspohls in Altenberge
     4. Verspohl-Neiers in Bevergern
5. Schwieters in Legden
6. Die Riesenbecker Verspohls
7. Engelbert, der nach Amerika ging
8. Lütkemeyers in Riesenbeck
9. Der Nachfolger Friedrich Anton
Sophia Enses Vorfahren
Die Vorfahren Duhme waren Erbpächter auf Haus Herfeld
Der Nomkenhof
in dem Hause Liesborn-Osthusen
Friedrich Antons Tagebuch
Friedrich Antons Nachkommenschaft
Die Glanerbrücker Verspohls
Tante Anna Westerschulte
Grotemeyers in Altenberge
Die Düsseldorfer Verspohls
Rohloffs in Nottuln
Onkel Franz in Amerika
Händlers in Nottuln
Verspohls in Münster

Einleitung

Diese Familiengeschichte befaßt sich mit der Familie, die vom Hof Große Verspohl in der Bauerschaft Schonebeck ausgeht. Die Bauerschaft gehörte früher zu Roxel und wurde bei der kommunalen Neuordnung 1975 der Ge­meinde Havixbeck zugewiesen. Auf dem Ursprungshof hat sich der Name erhalten. Auf andere Höfe ist er von diesem Hof in früheren Jahrhunderten nicht übertragen worden. Heiratete ein Abkömmling auf einen anderen Hof, so übernahm er den Namen des betreffenden Hofes. Als sich das im 19. Jahrhundert änderte, kam der Name auf zwei Höfe in Buldern und neuerdings auf einen Hof in Senden.

Vom Hof in Roxel ging im Jahre 1741 ein Johan Bernard Große Verspohl nach Nottuln. Da er nicht auf eipein. B’auernhof heiratete, führte er seinen Namen Verspohl weiter. Vom Schicksal dieser Nottulner Familie soll hier insbesondere berichtet werden. Zahlreiche Nachkommen gibt es von Franz Anton, dem dritten Verspöhl im Nottulner Hause. Der vierte Nottulner Verspohl war Friedrich Anton, verheiratet mit Sophia Ense. An die Abkömmlinge dieser meiner Großeltern wendet sich diese familienkundliche Plauderei besonders. Auf dem letzten Familientag im Jahre 1956 war von den Kindern dieses Ehepaares niemand mehr unter den Lebenden. Gegenwärtig leben noch 4 Enkel. Dafür sind weitere Generationen nachgewachsen.

Mein Vater war an der Familie sehr interessiert und hat manches überliefert. Einen Stammbaum hatten wir von Jugend an vor Augen. Ich habe meine Ermittlungen in den 80er Jahren erneut aufgenommen und tage­buchartig aufgezeichnet. Sehr aufschlußreich für die Familiengeschichte sind die Urkunden, die sich auf dem Hofe in Roxel erhalten haben und die Akten des Grundherren, des Klosters Aegidii. Eine Quelle besonderer Art ist die Chronik, die der Vorfahr Johan Bernard bereits begonnen hat. Dazu kommen die Kirchenbücher. Wegen der Familiendaten aus neuerer Zeit war ich auf die Mitarbeit der Familie angewiesen, die bereitwillig erfolgte. Mein Vater war das jüngste Kind des Friedrich Anton Verspohl. Ich gehöre zu den wenigen verbliebenen Enkeln. Wenn ich also meine verwandtschaftliche Beziehung zu Familienmitgliedern einfließen lasse, so muß der Leser seine eigene Beziehung zu diesen selbst bestimmen. Er kann dazu die Familienübersicht, aus der sich die Generationenfolge ergibt, heranziehen.

Wilhelm Verspohl  1862 – 1951Wilhelm Verspohl 1862 – 1951

I. Teil

Die Bedeutung des Namens

Der Name Verspohl bedeutet Froschpfuhl. Er setzt sich zusammen aus vors oder vorsch und poel oder puel. Aus dem ersten Teil ist später umgesetzt Frosch geworden. Zur weiteren Veranschaulichung zwei alte Sprüche:

„Ein pogge unde ein vorsch is al ein, grön de vorsch, de pogge blök.“ „De vorsch sprinckt in den poel, al sete` he auck up eynen groten stoel.“

Hier ist auch der zweite Wortteil angesprochen. Poel oder puel bezeichnet eine mit meist stehendem Wasser gefüllte Vertiefung, also Pfuhl oder Teich. Der Familienname ist mithin eine typische Lage- oder Herkunfstbezeichnung. Er weist auf eine Familie, zu deren Anwesen ein vielleicht auffallender Froschteich gehörte. Die alte Schreibweise ist Vorschepoell mit einigen Abwandlungen. Ich werde den Namen hier möglichst so wiedergeben, wie er in der betreffenden Zeit bzw. aus dem betreffenden Anlaß geschrieben wurde.

Der Vorschepoell hat nicht nur Familien sondern auch Straßen seinen Na­men gegeben. Wer Münster kennt, weiß, daß es hier einen Verspoel gibt. Die Straße leitet ihren Namen daher, daß hier am Südrand der Stadt eine bruchige Niederung war, deren Abwässer bei dem sehr hoch anstehenden mergeligen Untergrund keinen genügenden Abfluß fanden. (Prinz) Davon mögen Frösche angezogen worden sein. Daraus hat sich der Name entwikkelt. Noch 1248 wurde der Weg durch den Bruch als Stiege an der Oststra­ße (Ludgeristr.) bezeichnet. Etwa ab 1320 ist dann von einem Haus „Uppen Vorschepole“ die Rede. (Kirchhof) Die Straßenbezeichnung hat sich also aus der örtlichen Gegebenheit entwickelt. Es hat nicht etwa ein Träger des Familiennamens der Straße seinen Namen gegeben. Andererseits leitet sich auch der Familienname nicht von der Straße her, denn als Fami­lienname ist Vorschepoell schon seit der Zeit vor 1200 bezeugt.
Durch Zufall bin ich darauf gestoßen, daß es mindestens noch eine weitere Verspoellstraße gegeben hat. Sie lag in .der Nottulner Bauerschaft Heller. Dort wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jh. ein Anlieger von den Nachbarn verklagt, weil er sich nicht an den Kosten für die Instandhaltung der „sogenannten Verspoellstraße“ beteiligt habe. Der Verlauf der Straße von einer Brücke aus wird genau beschrieben. Sie führte durch ein sumpfiges Gelände, das dort durch den Lauf der Stever entstanden war.

Verspohl als Hofname

Die früheste Erwähnung des Namens Vorschepoell findet sich in dem Heberegister des Marienklosters (Trans aquas) in Münster und ist Ende des 11. Jh. bis Ende des 12. Jh. niedergeschrieben. (Codex Traditionum Westfalicarum  CTW  S. 21) Danach waren 6 Denare als sogenannte Wortpennige „de domo Tiderici de Vorschepole“ zu zahlen. Es handelte sich dabei um Abgaben dafür, daß ein münsterischer Bürger sein Haus auf dem zum Kloster gehörigen Grund und Boden stehen hatte. Die Stelle hat also keinen unmittelbaren Bezug zum Roxeler Hof. Immerhin könnte der münsterische Bürger von dort her stammen. Der Hausvikar Wittover des Droste zu Hülshoff hatte anscheinend diese Eintragung im Auge, als er 1866 in seinen „Denkwürdigkeiten der Pfarre Roxel“ über den Hof Große Vers-pohl schrieb: „Der Hof scheint alt und früher von Bedeutung gewesen zu sein, und von ihm wird eine alte adelige Familie von Vorschepoel vielleicht ihren Namen geführt haben. Ein Theoderich von Vorschepoel kommt schon im Jahre 1189 vor“. Eine andere Stelle, auf die sich die Bemerkung Wittovers beziehen könnte, hat sich nicht gefunden.

Die älteste Urkunde, die sich unmittelbar auf den Hof in Roxel bezieht, ist vom 22. November 1332. Sie ist in lateinischer Sprache abgefaßt. Der Hof wird als „domus dicte thon Vorschepole“ im Kirchspiel Roxel bezeichnet. In der Urkunde bekundet der Bischof zu Münster, daß der Streit zwischen den Rittern von Münster und dem Kloster Aegidii zu Münster wegen des Hofes beigelegt sei und die Ritter auf die Rechte an dem Hof verzichtet hätten. Die Äbtissin des Klosters Aegidii blieb dann bis zur Aufhebung der Eigenhörigkeit zu Anfang des 19. Jh. Grundherrin des Hofes.

An diese Urkunde schließt sich zeitlich eng an das Verzeichnis der Einkünfte des münsterischen Domkapitels aus der Zeit kurz nach 1336. (CTW II) Danach hat der Roxeler Hof Vorsscepole 2 solidi als Zehnten zu zahlen. Es folgen Bringtorpp und andere Roxeler Bauern. Ein anderer Hof Vor-schepoell wird in diesem frühen allgemeinen Heberegister des Domkapitels nicht erwähnt. Der Roxeler Hof ist möglicherweise der älteste dieses Namens. Der einzige Hof, auf dem sich der Name entwickelt hat, ist er keineswegs.

Eine Eintragung im Pachtregister des Klosters Überwasser und des Stiftes Mauritz zu Münster aus dem Jahre 1384 und später, die Abgaben des Hauses Vorschepol im Kirchspiel Roxel festlegt (CTW III), bezieht sich nach Darpe auf den Hof Lütke Verspohl. Dieser Nachbarhof war durch Abzweigung vom Haupthof entstanden. Man kann davon ausgehen, daß dies im 14. Jh. geschehen ist und daß es seit dieser Zeit Grote und Lütke Verspohls gibt.Im Heberegister St. Aegidii (CTW V) wird ein Hof Vorschepoell erwähnt, der eindeutig nicht mit den Roxeler Höfen zu tun hat. Der Hof hatte zu Michaelis des Jahres 1545 in Amelsbuyren 9 Denare zu zahlen. 1631 heißt es, daß in Amelsbuyren und Ludinghausen 9 Denare zu zahlen seien. Nach Darpe beziehen sich diese Eintragungen auf den Hof Vorspohl Kirchspiel Senden, Bauersch. Gettrup. Beim Einkünfteregister der St. Georgskommende in Münster heißt es denn auch 1629/30, Kerstien Vorschepoele zu Senden habe bestimmte Arbeiten und Abgaben zu leisten. In dem genannten Heberegister des Klosters Aegidii von 1631 wird neben dem Sendener Hof der Hof „Große Vorspoill“ in Röxel aufgeführt. Er hat zu Martini 6 Rth. zu zahlen. Und weiter „de Vorschepoelsche“ habe 2 1/2 Molt ordei (Gerste) und 2 1/2 Molt av. (Hafer) zu liefern. In Senden und dem benachbarten Ottmarsbocholt hat sich der Name als Vorspohl vielfach erhalten. In Borghorst gibt es ebenso wie in Nordwalde Höfe des Namens Große Vorspohl. Der Name hat sich anscheinend im westlichen und nördlichen Münsterland, wohl auch in Ostbevern, mehrfach gebildet. Eine Übertragung von einem Hof zum anderen kann man, wie schon erwähnt, für die Zeit bis 1800 ausschließen. Erst unter preußischer Herrschaft Anfang des 19. Jh. änderte sich das.

Verspohl als Familienname

Gab es schon in früher Zeit verschiedene Höfe, die den Namen Vorschepoell führten, so ist es im einzelnen schwierig zu klären, ob Träger des Namens zur Hofesfamilie Große Verspohl gehören. Das gilt insbesondere, wenn sie im Dorf oder in der Stadt lebten. Als Eigenhörige brauchten die Mitglieder der Familie Große Verspohl einen Freibrief des Gutsherren, wenn sie den Hof endgültig verlassen wollten.

Bereits bei den zahlreichen Verspohls, die wir im 17. und 18. Jh. im Kirchenbuch Roxel finden, ist die Zuordnung nicht klar durchzuführen. Die Bewirtschafter des Hofes Lütke Verspohl führten seit alters auch den Namen ihres Hofes. Wenn sie vom Hofe abzogen, entfiel meistens das „Lütke“ ebenso wie das „Große“. Der Hof Lütke Verspohl stand seit 1469 im Eigentum der Droste zu Hülshoff, die ihn als Pachthof ausgaben. Im Kirchenbuch von Havixbeck finden wir 1669 und in den folgenden Jahren Lütike Verspoels, die Kinder taufen ließen. Im Hülshoffschen Archiv ist ein Vorgang aus dem Jahr 1631, wonach einem Henrich Verspoel für 8 Jahre 2 Kämpe und Garten an der Königsborch verpachtet werden. 1675 fordert die Äbtissin von Überwasser rückständige Abgaben ein „ex Domo Vorspoell“ zu Roxel, dem Droste gehörig. 1737 wird der „sogen. Lütke Vorspoels Kotten“ dem Joan Budde und der Elisabeth Gemkink auf 16 Jahre verpachtet. Im Jahre 1754 wird ein gleichlautender Pachtvertrag mit Dither Henrich Budde jetziger Lütke Verspoel und Anna Maria Kentrup auf 20 Jahre abgeschlossen. Diese Eheleute stehen im Status animarum von Roxel vom Jahre 1749/50 als Bewohner des Hofes eingetragen. Dietrich Budde Kötter Lütke Verspoel zeigt im Jahre 1762 an, daß er nach Absterben seiner Ehefrau die Maria Catharina Degener aus Nienberge gebürtig zu heiraten beabsichtigt. Die Nachfahren des Dietrich (Theodor) und der Maria Katharina Degener führten in weiteren 4 Generationen den Hof und den Namen Lütke Verspohl. Erst im Jahre 1953 hat sich der Name durch Einheirat in Mevenkamp geändert. Die Familie hat 1978 das Eigentum am Hof erworben.

In Münster finden wir in früheren Jahrhunderten zahlreiche Familien, die den Namen Vorschepoell (ohne Zusatz) führen. Im Jahre 1440 gab es ei­nen Vorschepoell als Mitglied einer Bruderschaft an St. Aegidii. 1490 ist von einem Vorschepoelschen Haus am Kirchhof St. Aegidii die Rede. Es gab in Münster eine Verspoelsche fundatio (Stiftung), die von einer Virginis Devotessa Maria Elisabeth Verspoell begründet worden war. Zu den Liegenschaften der Stiftung gehörte ein Haus, das im Jahre 1742 von einem Dr. Forkenbeck bewohnt war.

Im Bürgerbuch der Stadt Münster sind zahlreiche Vorschepoells aufge­führt, die das Bürgerrecht erworben haben. Im Jahre 1597 heiratet ein Forschepoel aus Greven, Kaufmann mit Wullenladen, eine münsterische Bürgerin. 1611 wird eine Elsa Vorschepoels aus Senden münsterische Bürgerin. Die Herkunft eines Notarius Christoffer Vorschepoel, der 1623 nach Münster kam, ist nicht angegeben. In den folgenden Jahrzehnten sind in den Kirchenbüchern der münsterischen Pfarreien eine nicht unerhebliche Zahl von Einwohnern mit dem Namen Verspohl eingetragen.

Wohl der bekannteste von ihnen ist der Kirchenmusiker Christoph Bernard Verspoell. Er hat u.a. eine Sammlung von 106 Liedern für den röm. kath. Gottesdienst bearbeitet und herausgegeben. Viele von ihnen sind in die Gesangbücher der Diözese Münster und der Nachbardiözesen einge­gangen, und einige stehen heute im „Gotteslob“ im Eigenteil dieser Diözesen. Zu ihnen gehören so beliebte Lieder wie „0 komm, o komm, Emanuel“ und „Heiligste Nacht“. Christoph Bernard hat auch die Orgelbegleitung komponiert „Die Nachfolge Christi“ von Thomas von Kempen hat er übersetzt. Seine Eltern waren Johann Bernard Verspoell und Anna Catharina Becker. Sie ließen sich 1732 in Münster in St. Liebfrauen (Überwasser) trauen. Christoph Bernard wurde dort am 18.5.1743 als viertes von fünf Kindern getauft. Taufpate war Senator Christoffer Schmedding. Christoph Bernard war Vikar an St. Lamberti und St. Ludgeri. Er schrieb seinen Namen mit Verspoell, wie es auch in den Gesangbüchern steht. Ungewöhnlich ist, daß die Stadtväter, als sie ihn für eine Vikarie präsentierten, seinen Namen in dieser frühen Zeit bereits 2 mal deutlich mit Verspohl schrieben. Die Herkunft seines Vaters Johann Bernard Verspoell, der um 1700 geboren sein wird, ist nicht geklärt.

Ein anderer Johann Bernard Verspoell ist der älteste mir bekannte Vorfahr der Familien Verspohl, die heute in Altenberge und Coesfeld leben. Dieser Johan Bernard heiratete um dieselbe Zeit wie der Vorerwähnte, nämlich am 21. Jan. 1727 in Altenberge. Er und seine Braut Anna Greiwing wurden am Tage vorher nach dem Kirchenbuch Roxel „proclamati et dimissi“ nach Altenberge. Dieser Johan Bernard stammte also aus Roxel, ohne daß aber ein Zusammenhang mit der Familie Große Verspohl feststellbar ist.

Johan Bernard Verspoell und Anna Greiwing in Altenberge hatten einen 1737 geborenen Sohn Berndt, der 1765 die Anna Maria Hemcker oder Hembker heiratete. Von den Kindern dieser Eheleute blieb der älteste Sohn Bernard Wilhelm im Dorf Altenberge. Von seinen Nachkommen wird heute die Konditorei Verspohl betrieben. Der Inhaber der Parfümerie Vers-pohl in Münster gehört zu dieser Familie, auch ein Kapuzinermönch Georg Verspohl in Werne, mit dem ich Verbindung habe.

Der jüngste Sohn der Eheleute Verspohl-Hemcker, namens Godofredus ging von Altenberge nach Coesfeld. Ein Sohn dieses Godefredus und der Katharina Elisabeth Kreyenbaum ist der am 4.6.1816 in Coesfeld geborene Pastor Wilhelm Verspohl in Wulfen. Diesem hat der Dichter plattdeutscher Sprache Augustin Wibbelt in seinem „Versunkenen Garten“ ein literarisches Denkmal gesetzt. Wibbelt erzählt von den frohen Stunden, die er im Hause dieses originellen Mannes verlebt hat. Der Pfarrherr betrieb noch eine Ökonomie mit Kühen und Schweinen, mit Wirtschafterin, Lehrköchin, Magd und Knecht. Er ging selbst ins Heu und weißelte die Wände seines Hauses. Seine Beichtkinder behandelte er patriarchalisch und meinte, „Das Volk ist heilsbegierig, aber es soll parieren“.

Der Bruder Heinrich des Pastors Wilhelm Verspohl, der den Beruf eines Regenschirmmachers ausübte, setzte mit seiner zahlreichen Nachkom­menschaft die Familie in Coesfeld fort. Seinen Sohn Franz, geb. 1858, verschlug es nach Baden-Baden. Dort leben noch heute seine Enkel und Urenkel. Bei einem kürzlichen Aufenthalt in Baden-Baden traf ich Mitglieder dieser Familie, von denen eine Frau Verspohl erste ehrenamtliche Stellvertreterin des dortigen Oberbürgermeisters ist. Andere Kinder des Heinrich Verspohl blieben in Coesfeld und Umgebung. Mit einem seiner dort gebo­renen Urenkel bin ich vor Jahren in Südafrika zusammengetroffen.

Zur Einordnung der beiden genannten Stammväter Johan Bernard Verspohl, von denen der eine der Vater des Kirchenmusikers Christoph Bernard 1732 in Münster und der andere 1727′ in Altenberge heiratete, die also beide um 1700 geboren sein werden, ist noch folgendes zu sagen: Die Familie des Kirchenmusikers war möglicherweise schon länger in Münster ansässig. Der Vater des Christoph Bernard oder wohl eher ein Vorfahr von ihm, könnte von einem Roxeler Hof stammen, ebenso gut aber von einem anderswo gelegenen Hof, auf dem sich der Name gebildet hat. Von dem Johan Bernard, der nach Altenberge heiratete, wissen wir, daß er aus Roxel stammte. Er hat demnach verwandtschaftliche Beziehungen zu den Bewirtschaftern eines der beiden Roxeler Höfe. Auf dem Hofe Große Verspohl geboren ist er wie auch der Vater des Kirchenmusikers – nicht. Die Kinder des damals dort lebenden Werner Cohuis-Große Verspohl sind von 1690 bis 1710 geboren und sind bekannt. Das jüngste Kind war unser Vorfahr, der auch Johan Bernard hieß. Vor 1690 waren einige Jahrzehnte keine Kinder auf dem Hof geboren, wie wir sehen werden. Der nach Altenberge gegangene Johan Bernard stammt entweder von einem Große Verspohl aus einer früheren Generation, der sich im Dorfe angesiedelt hatte, oder aber von einem Lütke Verspohl. Dasselbe könnte für den münsterischen Johann Bernard zutreffen.

Das Kirchenbuch Roxel gibt keine verläßliche Auskunft. Das Taufregister beginnt zwar 1661. Von 1674 bis 1691 sind aber keine Eintragungen erhalten. In den folgenden Jahren werden zunächst die Taufnamen wegge­lassen, und die Kinder lediglich als fiha oder filius bezeichnet. Immerhin ergibt sich aus dem Kirchenbuch, daß in der Zeit von 1667 – 1674 eine Reihe von Verspohl-Familien haben Kinder taufen lassen. Es waren ein Bernard Verspoel und Agnes Deiping, ein Gerhard Verspoel und Maria Brintrup sowie ein Theodor Verspoel und Anna Bants (?). Als Eltern eines der Johan Bernards kämen eher in Betracht die Eheleute Johannes Verspoel und Gertrud Laerkamp, die 1693 – 1708 sieben Kinder taufen ließen. Unter den ersten Kindern, für die keine Namen eingetragen sind, befindet sich ein 1695 geborener filius. Auch ein n04 geborener Sohn Johannes könnte einer der beiden Johann Bernards sein. Der Vater dieser Kinder wird zwar immer nur als Verspoel bezeichnet. In der Zeit von 1693 – 1713 ist aber ein Johannes Verspoel auch 6 mal Taufpate und wird als solcher 2 mal Lütke Verspoel genannt. Das deutet auf die Herkunft vom Nachbarhof hin. Weiter gab es in Roxel einen Theodor Verspoel, der 1691 eine Tochter taufen ließ, bei der ein R.D. Hermannus Droste Vicarius in Hülshoff Pate war; auch hier also eine Beziehung zum Hof Lütke Verspohl. Dieser Theo­dor Verspoel war pistor, also Bäcker oder Müller.

Es gab in Roxel auch einen Verspoel, der faber ferrarius, also Schmied war. Dieser kommt aber als Vater eines der beiden Johan Bernards nicht mehr in Betracht. Als Johan Verspoel war er von 1719 – 1728 siebenmal Pate. Als Johan Bernard, verheiratet seit 1724 mit Anna Maria Westerhof, wurde er von 1727 – 1740 siebenmal als Vater eingetragen. Dieser Schmied ist schon der vierte Johan Bernard V, der um 1700 geboren ist. Er ist der Joes Ber. Verspoel faber ferrarius, der im Status animarum von 1749/50 als Einwohner Roxels erscheint. In dieser Einwohnerliste finden sich übrigens außer ihm keine weiteren Verspoels mehr, deren Zuordnung nicht eindeutig ist. Vom Hofe Große Verspoel wird Bösensell-Verspoel, vom Hofe Wermelt wird Joes Verspoel-Wermelt, der vom Hof Große Verspoel stammte, wie wir sehen werden, und vom Hof Lütke Verspoel werden Joes Budde (60) und Theod. Budde (35) genannt.

II. Teil

Große Verspohls im 16. und 17. Jahrhundert

Die Bewohner des Hofes sind seit 1500 namentlich bekannt. Sie bilden eine zusammenhängende Generationenfolge bis zum Ausgang des 17. Jh. Im Jahre 1689 übernahm Werner Cohuis, der von einem benachbarten Hofe stammte, mit seiner Frau Elisabeth Große Brintrup das Erbe. Sie nahmen den Hofesnamen an. Sie waren die Eltern unseres Johann Bernard, der nach Nottuln ging. Die verwandtschaftliche Beziehung des Werner Cohuis zu den früheren Generationen auf dem Hofe Große Verspohl wird an gegebener Stelle erörtert.

Über das Schicksal des Hofes Grote Vorschepoell und der Hofesfamilie geben eine Vielzahl von Schriftstücken Auskunft. Neben den Hofakten sind es „Urkunden“ des Klosters Aegidii, die sich im Staatsarchiv Münster befinden. Dort sind auch „Akten“ des Klosters, die in einem Umschlag mit der Aufschrift „Verspohl“ zusammengefaßt sind. Es sind dies Unterlagen, in de­nen Landabgrenzungen festgelegt, Darlehen aufgenommen, Bürgschaften erteilt werden und Ähnliches. Weitere Akten des Klosters enthalten Hof-spracheprotokolle. Diese vor allem sind für die Generationenfolge besonders aufschlußreich. Aus den sich gegenseitig ergänzenden Unterlagen treten in der Zeit vor Werner Cohuis 5 Generationen in Erscheinung.

Hof Große Verspohl  

Von den ältesten Hofesinhabern, von denen wir Kunde haben und die um 1500 geboren sind, war 1543 die vidua Catharina Vorschepoell verblieben. Sie hatte damals die Kinder Sebastian, Henrich, Berndt, Elsa und Catharina. Später werden noch Johan und Albert genannt. Es waren 8 Pferde, 6 Kühe und 20 Schweine vorhanden, ein Bestand, wie er in der Folgezeit nicht wieder erreicht wurde. Zum Viehbestand gehörten in dieser frühen Zeit auch 6 hinnuli, das sind junge Maultiere. In die Zeit, in der die Witwe Catharina Hofesinhaberin war, fällt ein Vertrag aus dem Jahre 1558 zwischen dem benachbarten Droste Hülshoff, und „de Tiller Boweren und besyther des Erves ton grotenn vorschepoells sampt synen nakomelingen“.

Nachfolger der Catharina wurde der Sohn Sebastian mit seiner Frau Geysa. Er hat bei dem am guthen Montagh 1588 gehaltenen Hofgericht bereits die Kinder Berndt, Albert, Herman, Hinrich und Bastian. Dem Sebastian gestattet die Äbtissin im Jahre 1592 von dem „würdigen und vornehmen Herrn Johan Keithoff, vicario am Dohm auf gewürliche Pension“ (Zinsen), ein Jahr lang 40 Reichthaler aufzunehmen. 1596 bittet Sebastian vielleicht wegen Krankheit die Äbtissin, seinem Sohn Berndt das Erbe in Pacht zu geben. Dafür sind insgesamt 380 Rth. aufzubringen.

Nach dem Tode des Vaters Sebastian wird nicht Berndt sondern Herman der Nachfolger. In der Verhandlung über den Gewinn des Erbes vom 1. Mai 1600 treten dessen Schwiegereltern Johan und Margarethe Große Tyr auf. Sie versprechen, an die Äbtissin 400 Rth. an Gewinn zu zahlen. Schon im nächsten Jahr traten Unstimmigkeiten wegen der Leibzucht der Witwe Geysa auf. Diese erwartete, daß man ihr neben ihren persönlichen Sachen und jährlich 6 Scheffeln Roggen und 6 Scheffeln Gerste sowie einem Fuder Holz noch einen Scheffel Leinsamen zum Säen gebe. Die Äbtissin ging auf dieses Ersuchen zunächst nicht ein und machte eine etwaige spätere Zusage davon abhängig, wie sich die Witwe gegen ihren Sohn verhalte und ob es mit ihres Sohnes Volk Zusammenstöße gebe.

Aus der Ehe Herman V. und Margarethe Tyr gingen die Kinder Enneke, Engelen, Berndt und Johan hervor. Auf dem Hof gab es 1614 5 Pferde, 6 Kühe und 12 Schweine. Aus dem Jahr 1611 ist ein Vertrag überliefert, in dem Herman sich mit seinem Bruder Bastian „einem ehelichen Kind des Erbes grote vorspoell“ über dessen kindlichen Anteil auseinandersetzt. Bastian erhält noch eine Kistenfüllung und 3 Jahre lang zu Michaelis 20 Rth. Dieser Vertrag wurde geschlossen „in Johan vorspoells Haus“, gelegen zu Roxel am Kirchhof. Im Jahre 1612 tritt Herman Vorschepoel „wehrfester Vorschepoels Erbß“ als Bürge auf.

Im gleichen Jahr erscheint auch der „ehrenhafte und vornehme Johan Vorspoel der Elter ihm Dorp Roxell“ wohnhaft als Bürge. Er verbürgt sich mit seinem Hab und Gut „in specie seiner Vorspolß ihm Dorp Roxell auf m Kerkhof gelegenen Wohnbehausung“. Die angeführten Verträge befinden sich bei den auf dem Hofe aufbewahrten Unterlagen, woraus man schließen darf, daß Johan der Ältere zur Familie gehörte und wohl der Onkel des Herman war. Er war schon im Jahre 1590 in einem Abgabenverzeichnis als sog. Brinksitzer genannt. Brinksitzer waren Dorfbewohner ohne landwirtschaftlichen Hintergrund. Dieser Johann erwirbt ausweislich des erwähnten Bürgerbuchs der Stadt Münster im Jahre 1613 das Bürgerrecht, und zwar mit dem Sohn Johann aus seiner Ehe mit der verstorbenen En-gelen Varwick und seiner derzeitigen Ehefrau Gertrud zu Sendhorst und dem Sohn Bernd. Bürge ist ein Peter Varwick. Johann Vorschepoell erscheint im Bürgerbuch in den folgenden Jahren mehrfach als Bürge, u.a. als Johan Varwick, Kaufgesell weiland Peter Varwicks Sohn, 1627 heiratet. Daß es sich dabei um „unseren“ Johan Vorschepoell handelt, kann man daraus schließen, daß er mit Varwicks verwandt war. Wahrscheinlich handelt es sich immer um den jüngeren Johann. Der ältere Johann hat zwar das Bürgerrecht erworben, ist aber möglicherweise gar nicht mehr nach Münster übergesiedelt, da er offenbar in Roxel ein gutes Auskommen hatte. In Münster gab es zur damaligen Zeit nach den Kirchenbüchern mehrere Johan Vorschepoells und es ist schwierig, unseren Johann V. jun. richtig einzuordnen. Vermutlich ist er derjenige, der 1616 die Frau mit dem schönen Namen Pustekrey geheiratet hat und 1656 Gildemeister der Bäckerin­nung wurde. In den Jahren 1640 – 1642 kommen die Namen Johann und Diederich Vorschepoell in den Akten der Bäckergilde häufig vor. Sie bestätigen mit ihren Unterschriften die Richtigkeit von Rechnungslegungen. Die derich hat ein Amt in der Gilde. Im Verzeichnis der Amtsbrüder von 1655 – 61 wird Johan Vorschepoell als verstorbenes und Ditherich V. als derzeitiges Mitglied aufgeführt. Dieser Johan war wahrscheinlich Gildemeister ge­wesen und Ditherich war vermutlich sein Sohn. Ein Diederich V. war 1661 in einem Vertrag über Große Brintrups Erbe in Roxel genannt. Ab 1774 war wieder ein Johann Berndt Verpoel für mehrere Jahre Gildemeister. Auf die Verbundenheit der Roxeler Familie mit der Bäckergilde in Münster deutet auch die Beziehung zur Familie Veltwysch hin. Diese Familie gab der Roxeler Familie im 17. Jh. größere Darlehen, worüber es eine Reihe von Vorgängen gibt. Die Veltwysch spielten in der Bäckergilde eine große Rolle; 1719 war Joan Herman Veltwysch Gildemeister. Von der Bäckergilde wird noch die Rede sein, weil später auch Johann Bernard V. dort Mitglied war, bevor er nach Nottuln ging.

Nach diesem Ausflug nach Münster kehren wir zurück zum Roxeler Hof, auf dem Herman V. in der dritten bekannten Generation seit 1600 Wehrfester war. In seine Zeit fällt noch ein Vorgang, der für die weitere Familiengeschichte von Bedeutung ist. Seine älteste Tochter Enneke heiratete 1620 den Johan Cohuis. Dazu war erforderlich, daß das Kloster Aegidii sie freigab und daß sie zugleich der Domdechanei, der Grundherrin des Hofes Cohuis, eigenhörig wurde. Das Kloster Aegidii erhielt dafür die Catharina Tilbecke, die bisher zur Domdechanei gehörte. Für diesen Wechsel hatte der Hof in Roxel 10 Rth. zu zahlen. Der Wechsel ist in den Hofsprachen aller 3 beteiligten Höfe bezeugt. Bei Vorschepoell heißt es‘ 1621 „Ennike itzige Kohaussche merß“.

Die Mutter Grete Vorschepoell zeigt auf Meiabendt 1623 an, daß ihr Mann unlängst verstorben sei und sie sich mit ihren vaterlosen Kindern nur schwer durchbringen könne. Die Äbtissin bewilligt ihr, daß sie von der Witwe Holthaus ein Darlehen von 100 Rth. aufnimmt. Der Bruder der Witwe V., Vikar an St. Mauritz, verspricht, das Darlehen in den nächsten 4 Jahren abzulösen. Nach einem Zusatz von 1632 hat dann aber Johann Vorschepoell, Bürger binnen Münster, das Geld an Catharina Holthaus zurückgezahlt und die Forderung ist auf ihn übergegangen. Solche Darlehns-aufnahmen hatte der Hof laufend nötig. Der verstorbene Herman hatte sein Lebtag mit der Abzahlung eines von Große Brintrup in Münster aufge­nommenen größeren Darlehns zu tun gehabt. Es machten sich jetzt die Auswirkungen des 30jähr. Krieges bemerkbar. Christian von Braunschweig zog mit seinen Heerhaufen brandschatzend durch das Münsterland. Die Zahl der Pferde ging auf 3 zurück.

Anno 1628 den 26. May überließ die Vorschepolsche ihrem Sohn Berndt den Hof. Für Sterbfall und Erbgewinnung mußten 200 Rth. und 15 Rth. Weinkauff gezahlt werden, die in Raten aufzubringen waren. In den fol­genden Jahren sind als 4. bekannte Generation auf dem Hof Berndt mit seiner Frau Elske, seiner Mutter Grete und seinem jüngeren Bruder Johan. Enneke ist „verwechselt“ und Engelen freigekauft. Der Schuldenstand steigt auf 300 Rth. Das Münsterland wurde zum zweiten Mal heimgesucht. Dieses mal von den Hessen. Dieser Ausschnitt aus dem 30jähr. Krieg wur­de deshalb im Münsterland vielfach Hessenkrieg genannt. Das Kloster Aegidii begnügt sich mit dem Vermerk „Anno 1634 ist wegen des damals im hiesigen Stift Münster grassierenden Kriegswesens die jährliche Hof­sprache zu halten behindert worden“ und „1636 und 1637 wurde wegen allerhand im Stift Münster grassierenden starken Kriegswesens keine Hofsprache gehalten“.

Als „1638 31. May uf guten Mondag nach altem Gebrauch“ wieder Hof­sprache gehalten wird, lebt die Mutter Grete noch und als Kinder der jungen Leute werden Henrich (9), Bernd (4) und Goerdt (3) genannt. 1657 heißt es „Henrich, qui modo servit“. Der Älteste war also bei der Gutsherrschaft im Dienst. Weiter sind aufgeführt Berndt (21), Gerd (18), Anna (15) und Margarethe (13). Im Jahre 1657 stirbt nun der Vater Berndt. Die Eintragung im Jahre 1658 lautet „Bernd colonus obiit (starb) anno 57 immediate nach der fürstl. Belagerung, weilen Er ex compulsu (unter Zwang) hat müssen helfen einen großen Feuermörsel aus den aufgestauten Wasser ausheben, worab er eine Krankheit gesetz und gestorben Anno 1657. Bernd 22 annod serviens obrutus febri (Bernd 22 der z.Zt. dient, wurde vom Fieber überfallen) ist aber nachgehends nacher Hauß gehold und daselbsten vergangene Woche gestorben requiescat in pace. Gerd 19, Anna 16, Gretha 14 annorum“.

Mit dem Schicksal des Hofesinhabers Bernd hatte es folgende Bewandtnis. Der Fürstbischof Christoph Bernard von Galen hatte sich mit seiner Stadt Münster überworfen. Die. Stadt hatte als Tagungsort der Versammlung zur Beendigung des 30 jähr. Krieges Sonderrechte genossen. Diese wollte sie jetzt beibehalten und noch erweitert wissen. Der Bischof als Landesherr ging gegen sie vor. Bei der Belagerung kam es in den ersten Septembertagen des Jahres 1657 zu einem Beschuß der Stadt mit schwerer Artillerie. Merian hat von diesem Geschehen einen Stich gefertigt (wiedergegeben im Katalog des Stadmuseums: Münster 800 bis 1800). Man erkennt darauf genau, daß die Aa im Bereich des jetzigen Landgerichtes am Hindenburg-platz über die Ufer getreten ist. Die Stelle wird am Fuße des Stiches wie folgt erläutert: „Churfürstl. Kessel oder Böller Statt so von dem geschwollenen Ayfluß verdrängt“. Hier also mußte Bernd V. helfen, die Kanonen aus dem Wasser zu heben. Er starb an den Folgen. Man kann sich denken, daß er sich, durchnäßt wie er war, auf dem Weg zu seinem Hof in Roxel eine Lungenentzündung zugezogen hat. Sein Sohn Bernd starb im Jahr darauf. Hinrich wird in diesem Protokoll nicht erwähnt, erscheint aber später wieder.

In der Folgezeit war die Witwe Elske Hofesinhaberin. Die Kinder wurden sämtlich zum Dienst im Kloster herangezogen. Der Viehbestand, der in den letzten Lebensjahren des Vaters Bernd zeitweise bis auf 2 Pferde, 1 Kuh und 2 Schweine gesunken war, normalisierte sich wieder etwas. Der Schuldenstand blieb sehr hoch. U.a. wurde noch lange die Schuld von 100 Rth. gegenüber den Erben des Johan Vorschepoell aufgeführt. Es ist erstaunlich, daß keiner der Söhne auf den Hof geheiratet hat. Goerdt wurde 1667 freigelassen lind verheiratete sich in der Umgegend, wie es heißt. Es wird der Gerhard Verspohl sein, der mit seiner Frau Maria Brintrup 1671 eine Tochter Anna taufen ließ. Auch die Tochter Gretheke wurde freigelassen und heiratete 1674 des Junkers Drosten zu Hülshoff Baumeister. Diesem Ehepaar, dem „ehrbaren Henrichen Wesselink und Margareten Groten Verspoell“ räumen die Weidegenossen des Natruper Niedersten Feldes Kirchspiel Havixbeck, zu denen bereits ein Henrich Grote Verspoel (Mörs) gehört, im Jahre 1685 Weiderechte ein.

Nach dem Protokoll von 1684 ist die alte Mutter Elske verstorben. Hinrich wird noch als lebend hinterlassen aufgeführt, ohne daß klar wird, ob er auf dem Hofe oder anderswo lebt. Enneke/Anna hat „einen man von Havixbecke im vorigen Jahr mit nahmen Henrich Möretz zu sich aufgenommen, welche selbyß erbe conductoris nomine Besitzen und deshalben nichts anzuzeigen ist“.

Die 5. Inhaber waren also jetzt das Ehepaar Anna Große Vorschepoell und Henrich Mörs. Mörs hatte nicht das Erbe nach Eigentumsrecht gewonnen, sondern war Pächter. Anna war bei der Heirat 44 Jahre alt. Die Eheleute Mörs hatten keine Kinder. Sie blieben nicht lange auf dem Hof.

Am 28. Okt. 1688 erschien Mörs vor der Äbtissin und trug vor, daß er „wegen jetzigen beschwerlichen Zeiten und sonst schwachem Zustand dem Erbe Vorschepoel nicht mehr vorstehen könne, also selbiges einem anderen nach Belieben der Hochw. Äbtissin und sämtlichen Capitular Junffern mogte Eingethan und verheuret werden.

„Worauf sogleich erschienen Werner Kohuß Jungergeselle“. Ihm wurde das Erbe gegen Übernahme der darauf lastenden Schulden überlassen. Am 24.1.1689 erschien er erneut, diesmal „mit seiner zukunftigen Eheliebsten Elseke Brintrups von Große Brintrups Erbe“ und mit seinem Vater Bernard Kohuis. ‚Wegen der Cedentinnen Leibzucht ist abgeredet, daß weilen Ihr Eheman Hendrick Mörs Ein Deserteur worden, Sie Anna von den jungen Leuthen Jahrlichs drey Rth. in natura neben Ein Scheffel Leinsaat zu säen geniessen solle.“ Mörs gab also auf, ihm wurde es vielleicht zuviel, den Hof zu bewirtschaften, zumal er vermutlich ein anderweitiges Unterkommen und Auskommen hatte. Vielleicht drängte ihn auch sein Nachfol­ger Cohuis. Nach den langen Jahren (1657 – 1684), in denen die Witwe Elske das Regiment gehabt hatte, und den wenigen Jahren, die die Tochter Anna dann mit Mörs auf dem Hof geblieben war, gab nun die Familie den Hof auf.

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