Von Börger zu Bossmeyer

von Alexander Himmermann, Georgsmarienhütte.

Es herrschten schwere Zeiten, als Äbtissin Elisabeth Surholt (1576-1617) dem Benediktinerinnenkloster in Oesede vorstand. So bedurfte sie schon der Hilfe und Unterstützung eines tatkräftigen Mannes, der ihr als Klostervogt zur Seite stand zur Regelung der vielen weltlichen Belange des Klosters: Gerlich Börger. Seine Herkunft ist unbekannt. Zwar ist auf den ersten Blick die Annahme naheliegend, daß Gerlich Börger dem Kirchspiel Laer entstammte, wo sich bis auf den heutigen Tag in der Bauerschaft Hardensetten die uralten Höfe Große und Kleine Börger befinden. Jedoch läßt der für unseren Raum recht ungewöhnliche Vorname Gerlich diese Annahme als zweifelhaft erscheinen. Zu seinen Aufgaben zählten sicherlich neben der Kontrolle der verschiedenen Abgabeverpflichtungen der zahlreichen Klostereigenen nicht zuletzt auch Aufsichtsmaßnahmen im Zuge der Wahrnehmung der Schürfrechte im Kohlenbergbau, welche das Kloster seit dem Jahre 1555 vom Kloster lburg hatte erlangen können.

So war es wohl ein Akt der Dankbarkeit, daß die Domina es ihrem Klostervogt ermöglichte, für sich und seine Familie in der Gemarkung eine Parzelle zu erwerben, um darauf einen bescheidenen Markkotten zu errichten. Die Neugründung wird etwa 1590 erfolgt sein. Diese Großzügigkeit des Klosters einem Bediensteten gegenüber ist vor dieser Zeit und auch später in dieser Form

markkotten bossmeyer 1968Markkotten Bossmeyer um 1968. Foto: Hußmann, Kloster Oesede

markkotten bossmeyer 1930Markkonten Bossmeyer um 1930. Foto: Hußmann, Kloster Oesede

nicht festzustellen. Allerdings schuf das Kloster auf seinen Gründen später eine Reihe von Erbpächtereien, und zwar Brüggemeyer 1604, Vering 1613, Steinfeld 1702, Menke 1727 und Lamkemeyer etwa 1750. Vielleicht war es für das Kloster wirtschaftlicher, Grund in Erbpacht zu vergeben, als ihn in Eigenbewirtschaftung zu bearbeiten. Oder es galt, Leute an das Kloster zu binden, um diesem für spezielle Aufgaben zur Verfügung zu stehen. Einige Hinweise sprechen dafür, daß z. B. Vering zur Ausübung ärztlicher Künste interessant war, während Lamkemeyer als Zimmermann benötigt wurde.

Die Menschen der Nachbarschaft formten den Ursprungsnamen Börger – eine niederdeutsche Abwandlung des Namens Liborius oder auch Börries – schon bald in den nächsten Jahrzehnten mehrfach um. Zunächst erschien bereits Anfang des Dreißigjährigen Krieges die Namensform Berges, dem schon wenig später das Suffix meyer angehängt wurde: Borgesmeyer.

Überhaupt scheint mit der Welle von Erb- und insbesondere Markkotten-gründungen vom 14. bis zum 17. Jahrhundert die Umwelt eine klammheimliche Freude daran besessen zu haben, diese oft recht bescheidenen Neugründungen mit dem Suffix meyer enden zu lassen, wohl wissend, daß der Status eines „Meyer“ sich in unerreichbarer Ferne befand. Gerade die mit Häme gewürzte Phantasie der Bewohner unserer engeren Heimat scheint in dieser Hinsicht unerschöpflich gewesen zu sein, Namen dieses Typs zu kreieren, der weitgehend auf den Osnabrücker, den Tecklenburger und den Ravensburger Raum beschränkt blieb. Schwerpunkte bildeten jedoch die zahlreichen Namensschöpfungen in den Kirchspielen Oesede und insbesondere Hagen, wie sie nachstehend aufgeführt sind und nirgendwo übertroffen wurden:

Oesede:
Bossmeyer, Brüggemeyer, Dreismeyer, Hagemeyer, Kuckmeyer, Lietmeyer, Niederholtmeyer, Piepmeyer, Plaßmeyer, Schlochtermeyer, Sellmeyer, Tiemeyer, Tiesmeyer, Wischmeyer;

Hagen:
Abkemeyer, Alteruthemeyer, Bergmeyer, Berkemeyer, Brockmeyer, Engelmey-er, Glasmeyer, Heitmeyer, Hestermeyer, Kleimeyer, Klostermeyer, Kniepmeyer, Kulgemeyer, Linnemeyer, Lückemeyer, Markmeyer, Niemeyer, Obermeyer, Pohlmeyer, Rüschemeyer, Ruthemeyer, Schopmeyer, Spellmeyer, Sprengel-meyer, Striedelmeyer, Wöhrmeyer, Wöstemeyer.

Nachdem auch die Markkottengründung Börger, später Berges, sich die spöttisch gemeinte Endung -meyer hatte gefallen lassen müssen, war es nur noch ein kurzer Weg, um von Borgesmeyer über Borßmeyer schließlich im 18. Jahrhundert bei Bossmeyer anzugelangen.

Die Nachfahren des Gerlich Bürger haben generationenlang den Markkotten in Besitz gehabt, und zwar wie folgt:
Generation I:
Gerlich BÖRGER ⚭ etwa 1580 Anna …
Generation II:
Johann Nikolaus BORGES ⚭ etwa 1615 Elisabeth …
Generation III:
Hermann BORGESMEYER ⚭ etwa 1645 Elisabeth …
Generation IV:
Gerhard BORGESMEYER ⚭ 1668 Magdalena FRIELING
Generation V:
Nikolaus BORGESMEYER ⚭ 1692 Catharina VOGELSANG
Generation VI:
Johann Heinrich BORßMEYER ⚭ 1727 Anna Elisabeth KREFTSIEK
Generation VII:
Johann Ludwig BORGMEYER ⚭ 1768 Catharina Maria FUNKE
Generation VIII:
Johann Heinrich MERGELMEYER ⚭ 1801 Maria Gertrud BOSSMEYER
Nach dem Tode des letzten Markkötters BOSSMEYER – 1837 – deren Geschlecht in ununterbrochener Folge den Markkotten als Nachfahre von Gerlich Bürger inne gehabt hatte, wurde Joseph Hermann SCHÜRMANN, verheiratet mit Maria Catharina NIEDERHOLTMEYER, neuer Besitzer des Markkottens Bossmeyer. Einem uralten Brauch folgend nahm er den Namen der Stätte an und wurde somit Begründer des bis 1988 aufsitzenden Geschlechts. Heutiger Besitzer ist durch Kauf Martin Weber.

Quelle:  Aus dem Heimat-Jahrbuch  „Osnabrücker Land 2003“ vom Heimatbund Osnabrücker Land e. V.    HBOL